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Unsichtbare Transite

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Hin und wieder werde ich um Erläuterung einer bestimmten astrologischen Konstellation gebeten. Meistens handelt es sich dabei um jene Themen, die in den populären Deutungsbüchern mit dem Attribut „schwierig“ versehen sind.

Erst kürzlich erwähnte eine Bekannte, daß ihr Saturn demnächst in ihr 8. Haus einläuft; sie schien nicht begeistert darüber zu sein. Ein paar Tage später entdeckte ich beim Stöbern im Internet in einem astrologischen Forum einen thread, wo sich ein Fragesteller ernsthafte Gedanken über die möglichen Auswirkungen seines Transit-Saturns durch Haus 12 machte.

Ist das wirklich so schlimm?

Die momentane Hausposition eines Transitplaneten ist immer nur ein Faktor unter vielen. Dazu ist es ein Faktor, dessen Bedeutung oft von jenen überschätzt wird, die zur sehr auf isolierte Symbolismen fixiert sind. Systeme, die wegen ihrer ausgeklügelten Komplexität ungemein eindrucksvoll erscheinen, aber in der praktischen Anwendung mit ihren vielen Details den Blick auf das Gesamtbild verstellen.

Den xyz-Transit durch ein Haus gibt es nicht. Es ist auch nicht so, daß während des Transites eines einzelnen Planeten alle übrigen (im Radix oder als Transittourist) sich die Tarnkappe aufsetzen oder mal kurz aus dem Transithoroskop austreten – nur damit ein einzelner kosmischer Symboldarsteller drehbuchgerecht ein Solo hinlegen kann.

Korrekter wäre eine Darstellung, die von einem Transitplaneten spricht, der innerhalb der Zeitspanne, wo er sich im Radixhoroskop innerhalb zweier Hausgrenzen bewegt, einen oder mehrere Aspekte zu den übrigen Radixplantene bildet.

Hier lassen sich dann nach Art des gebildeten Aspektes zwei Hauptfälle unterscheiden:

  1. Im Radix befindet sich in dem betrachteten Haus bereits ein oder mehrere Planeten
  2. Das betreffende Radix-Haus ist leer.

Abgesehen von den seltenen Fällen, wo ein Haus aufgrund des zugrundeliegenden Häusersystems und/oder der geographischen Besonderheiten des Geburtsortes so groß ist, daß ein Transit-Planet an der Hausspitze noch im weiten Orbis einen Sextil-Aspekt zu einem Radixplaneten am Ende des Hauses bilden kann, wird es sich im ersten Fall bei einem Transitaspekt immer um eine oder mehrere Konjunktion handeln. Halbsextile und andere exotische Nebenaspekte sollen hierbei nicht berücksichtigt werden.

Konjunktionen symbolisieren immer eine Verschmelzung der beteiligten Prinzipien und somit die Möglichkeit, konkrete Anpassungen oder wenigstens grundlegende Neubewertungen vorzunehmen, um diesen Themenbereich besser an die Erfordernisse aktueller und zukünftiger Lebensabschnitte anzupassen.

Zu 2:
Die Wirkung des Transites von Saturn durch eine leeres Haus kann sich hier nur indirekt über seine Transitaspekte zu den Radixplaneten bemerkbar machen: Als Sextil, Quadrat, Trigon oder Opposition – oder noch einfacher: als zeitlich begrenzter unterstützender oder hemmender Einfluß auf das Thema, das durch den aspektierten Radix-Planeten symbolisiert wird. Der Wirkung zeigt sich hier dann im Themenbereich der Radixplaneten, die durch diesen Transit aspektiert werden.

Im Falle meiner Bekannten stellte sich heraus, daß etwa zu dem Zeitpunkt ihres ersten Saturn-Venus-Trigons der jahrelang hinausgezögerte Verkauf eines gemeinsam geerbten Hauses ansteht. Sie selbst will sich ihren Anteil auszahlen lassen, um mit dem Geld ein Jahr lang eine Auszeit aus ihrem Stress-Job zu nehmen . Saturn in 8: gemeinsame Finanzen – Venus in 12: Liebe zur Abgeschiedenheit – Trigon: gute Chancen, das die Sache zumindest von der finanziellen Seite klappen wird.

Im Fall des Forumsteilnehmers, der sehr offen und ausführlich seine Lebensumstände schilderte und sich über seinen Zeitmangel für spirituelle Praktiken Gedanken machte, zeigte sich für mich wieder einmal das interessante Phänomen, daß in Beratungssitautionen das vorgebrachte Fragethema häufig nur eine Alibifuktion hat und eine übertriebene Auseinandersetzung mit allen erdenklichen zukünftigen astrologischen Konstellationen von den aktuellen Themen ablenken kann.

Es ist, als ob im astrologischen System ein Selbstschutzmechanismus eingebaut ist, der es den zu Neugierigen unmöglich macht, das Leben mittels astrologischer Techniken auszutricksen und jeden Schachzug des Betreffenden unbemerkt in die gerade anstehende Lernaufgabe integriert.

In dem vorliegenden Fall war es der für die Abteilung „Täuschung & Selbsttäuschung“ zuständige Planet: Neptun. Genauer: Transit-Neptun im Quadrat zum Radix-Neptun.

Nicht in einem Scheunentor-Orbis von 2 oder noch mehr Grad, mit dem sich über einem Zeitraum mehrerer Jahre mit Sicherheit irgendwann und irgendwo irgendwas Neptulöses finden läßt, sondern ein exaktes Quadrat fast auf den Tag genau der Fragestellung. Bei der langen Umlaufzeit von Neptun kommen dessen Transitquadrate incl. Rückläufigkeitsphasen in dieser Exaktheit nur ein einziges Mal im Leben vor. Diese seltene Konstellation wurde mit keiner Silbe erwähnt; frei nach einem populären Sponti-Spruch:

Stell Dir vor, Du hast Neptun Quadrat Neptun und kein Astrologe schaut hin…

In der Forumsdiskussion waren die Beiträge und Hinweise der anderen Teilnehmer zu dem angeführten Saturn-Haus12-Thema (bzw. die dort stattfindenden Konjunktionen) ausführlich erläutert. Sie werden dem Fragesteller auch sicher zu einem tieferen Verständnis der Saturn-Haus12-Thematik angeregt haben. Dieses Thema ist aber aktuell nur eines unter vielen weiteren Themen, die erst in der Zukunft ausgelöst werden – es ist keinesfalls das Thema, das aufgrund der exakten Transitaspekte im hier und jetzt im Vordergrund steht: Neptun Quadrat Neptun.

Dazu gesellte sich noch eine Uranus-Opposition zur Sonne-Pluto-Konjunktion im radix, ebenfalls fast exakt (auf Pluto: <0°01 Grad). Auch dieser wichtige Transit wurde nicht angesprochen.

Zwei exakte Transite der Langläufer, die – jeder für sich genommen – nur einmal im Leben auftauchen. Beide auch noch „zufällig“ innerhalb einer Woche exakt.
Wäre das nicht mal eine Erwähnung wert?

Fazit: Zu intensiv und ehrgeizig betriebene „Astrologie“ kann dazu verführen, daß man sich zu sehr im Dickicht unnötig komplizierter Modelle und kopflastiger Spekulationen verirrt und dann irgendwann blind wird für die einmaligen Chancen wichtiger Transformationsprozesse.

Das entsprechende sabische Symbol in der modernisierten Variante:

Rettungssanitäter reparieren ein Kofferradio, das bei einem Unfall aus einem PKW geschleudert wurde, in Sorge, den Wetterbericht fürs Wochenende zu verpassen.